Technische Sammlung Jürgen Krause |
Holzkameras - Reisekameras - Laufbodenkameras - Teil I Beispiele anhand von meist in Deutschland gebräuchlichen Kameras |
Hallo, auf dieser Seite möchte ich einige meiner "Holzies" und deren Konstruktionen vorstellen. Zu meiner Sammlung gehören auch ca. 80 Holz - Reisekameras, die ich wegen ihrer schönen handwerklichen Arbeit schätze. Inhaltlich Kameras, die Trockenplatten mit Glas- oder Folie als Aufnahmemedium benutzen. Ein Verfahren, das heute noch, besonders von angagierten Amateuren benutzt wird. Erwarten Sie hier keine technischen Daten, Tabellen oder wissenschaftlichen Berichte. Diese Seite soll unterhaltsam, vielleicht manchmal lehrreich, aber ohne Ballast und Anspruch auf Vollständigkeit sein. Viel Spaß beim Lesen. Tipps und Ratschläge sind jederzeit willkommen. |
Für "Alte Hasen" nichts Neues, aber der Nachwelt diese historische
Technik zu vermitteln ist auch ein Anliegen von mir. Opa und Enkel Ben "photographieren" im Garten |
Anders als Atelier- oder Studiokameras, die eine starre Konstruktion mit oft beachtlichen Ausmassen hatten, bezeichnete man um die Jahrhundertwende Kameras die tragbar waren und an verschiedenen Orten benutzt werden konnten, als Reisekameras. Das Prinzip bei Holz- Reisekameras ist immer gleich, wurde aber unterschiedlich gelöst. Sie lassen sich für den Transport kompakt zusammenlegen.Das Transportbehältnis wurde oft als Rucksack ausgeführt. Darin fand z.B. eine Kamera für 13 x 18 cm mit Objektiv, bis zu drei Doppelkassetten und ein Einstelltuch Platz.Obligatorisch war ein Stativ, das mit Gurten am Rucksack befestigt wurde. Mit diesem Equipment konnte man auch längere Wanderungen und Aufnahmen in freier Natur machen. Schnappschüsse waren derzeit allerdings unbekannt, denn selbst ein versierter Fotograf brauchte einige Zeit um die Kamera in Aufnahmebereitschaft zu bringen. Frauen hatten in der Fotografie seit Beginn einen nicht unerheblichen Anteil. Jedoch erst später mehr mit den kompakten Handkameras. Wer diese Konstruktion erfunden hat ist nicht überliefert. Hergestellt wurden die einheimischen Kameras ab ca. 1860 vorwiegend in Ostdeutschland, im Bereich Dresden - Görlitz wo sich Tischlereien auf den Kamerabau spezialisiert hatten. Auch auf dieser Seite stammt das Bildmaterial nur von Objekten aus meiner eigenen Sammlung. © beachten.
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Beschreibung der Reisekamera von 1909 |
Die folgenden Unterteilungen lassen sich direkt aufrufen. Anatomie einer Laufbodenkamera - Reisekamera Die Bedienung der klassischen Reisekamera Andere, in Deutschland gebräuchliche Ausführung Ausrüstung eines Reisefotografen Beispiele Fototaschen Fotoausrüstung in Umhängetasche Fotorucksack mit kompletter Ausrüstung Fotoausrüstung mit Wechselobjektiv Fototasche mit edler Kamera Das kleine Format 9 x 12 cm "Die Russen kommen" |
Für Kids, oder wer es noch nicht wusste: So funktionieren diese großen Kameras Das Prinzip ist immer gleich. Zwischen einem Objektiv und dem Aufnahmemedium (Film) befindet sich ein veränderbarer, lichtdichter Raum. Das Objektiv erzeugt ein verkleinertes Abbild vom Objekt, das auf einer Mattscheibe kopfstehend projeziert wird. Durch die Veränderung des Abstands Objektiv - Mattscheibe wird das Bild scharf eingestellt. Je kürzer die Entfernung zum Objekt ist, um so länger wird der Abstand Objektiv - Mattscheibe. Und mit länger Brennweite des Objektives wird auch ein größerer Abstand benötigt. Damit das alles möglich ist, lassen sich die Balgen weit auseinanderziehen. Zur Aufnahme wird die Mattscheibe entfernt und dafür ein Film mit einer Kassette eingelegt. Anatomie einer Laufbodenkamera - Reisekamera |
Die Bedienung der klassischen Reisekamera - in 8 Schritten - Als Beispiel habe ich ein in Deutschland sehr gebräuchliches Kameramodell mit dem Negativformat 13 x 18 cm gewählt. Hersteller lassen sich oft nicht feststellen, denn es bauten oft kleinere Möbeltischlereien auch Kameras wenn Aufträge fehlten. Die benötigten Beschläge und Bedienelemente waren einzeln lieferbar. Während Atelier- oder Studiokameras recht starr aufgebaut sind, konnte man Reisekameras zum Transport zusammenlegen. Dazu wurde meist das Rückteil an das Objektiv geführt und der Laufboden angeklappt. Transportzustand zusammengeklappt Reisekamera im zusammengeklappten Transportzustand. 1 - Aufklappen und verriegeln Nach Aufklappen des Laufbodens wird dieser mit der mittigen Platte verriegelt. Der doppelte Auszug wird nur bei sehr kurzen Aufnahmeabständen benötigt. 2 - Rückteil ausfahren Auf einer doppelten Zahnschiene wird das Rückteil mit dem Transportknopf grob in Aufnahmestellung gebracht. 3 - Rückteil vorbereiten Der Kassettenrahmen mit Mattscheibe wird nach Bedarf für Hoch- oder Querformat umgesteckt. 4 - Aufnahme vorbereiten Um ein Bild auf der Mattscheibe sehen, wird die größte Blendenöffnung eingestellt und wenn vorhanden, der Verschluss geöffnet. Jetzt kann das Motiv eingestellt werden. Die Belichtungseinstellungen werden später extra beschrieben. 5 - Bildeinstellung Die Scharfstellung des Mattscheibenbildes erfolgt durch Verstellung des Rückteils mit dem seitlichen Rändelknopf. Abweichend gibt es Kameras die keine Zahnstangen haben und das Rückteil mit einer Zentralspindel verstellen. Oder über die Zahnstangen wird die Grobeinstellung vorgenommen und durch eine Spindel mit Kurbel die Feineinstellung. 6 - Optische Korrekturen vornehmen Durch Verstellung des Rückteils lassen sich optische Änderungen und Korrekturen erreichen (nach Scheinpflug). Das Kippen wird durch lösen der oberen Schraube ermöglicht. Schwenken des Rückteils ermöglicht der Hebel. Das Objektiv kann nach links und rechts, sowie nach oben und unten aus der optischen Achse verstellt werden. Die Auswirkung der Verstellungen können auf der Mattscheibe beurteilt werden. 7 - Kassette einsetzen und Film freigeben Nachdem alle Einstellungen erledigt sind und der Verschluss geschlossen wurde, wird die Kassette eingesetzt. Mit dem Ziehen des Schiebers ist die Kamera aufnahmebereit. 8 - Belichtung - Aufnahme auslösen Ist das Motiv auf der Mattscheibe eingestellt, kann die Belichtung erfolgen. Die Einstellungen dafür betreffen Zeit und Blende. Die Variationen von Blenden und Verschlüssen habe ich auf meiner Seite "Historische Objektive" bereits erklärt. Versierte Fotografen kannten die Empfindlichkeit ihrer Platten, stellten Zeit und Blende ziemlich sicher nach Erfahrung ein. Mehr zum Thema Film und Belichtung in Holzkameras Teil III. |
Andere, in Deutschland gebräuchliche Ausführungen Viele, auch die zuerst vorgestellte Kamera benutzen eine doppelte Zahnschiene für die Verstellung des Rückteils. Für Hochkant- oder Querformat wurde der abnehmbare Kassettenhalter mit Mattscheibe umgesteckt. Bei einer anderen gebräuchlichen Technik wurde das komplette Rückteil samt Balgen für Hoch oder Quer gedreht. Dazu war der Balgen an der Objektivstandarte drehbar befestigt. In groben Schritten wurde das Rückteil mit Haken oder einfachen Schrauben in die Bodenplatte eingehakt. Die Feineinstelliung der Entfernung wurde mit Verstellung der Bodenplatte vorgenommen. Der Balgen ist immer konisch. Bei Queraufnahmen muß das Objektiv tiefer gestellt werden. Noch seltener, wie bei dieser 18 x 24 Kamera ist die Technik, die komplette Kamera für Queraufnahmen umzustecken. Grundplatte und Kamera sind getrennt. Der Balgen ist durchgehend rechteckig. Das ist etwas umständlich, daher kommt es meist nur bei einfachen Kameras und kleinen Formaten zur Anwendung. |
Ausrüstung
eines Reisefotografen Die komplette Ausrüstung im Originalzustand eines Reisefotografen ist nach über 100 Jahren selten anzutreffen. Schon etwas Stolz bin ich auf mehrere historische Fototaschen mit kompletten Inhalten in meiner Sammlung. Beispiele Fototaschen Transporttaschen wurden aus Segeltuch oder Leder gefertigt. Einfache Taschen hatten nur einen Schultergurt. Andere Taschen, für längere Wanderungen und widrigen Umständen wurden aufwändig mit diversen Lederriemen verschnürt, hatten Laschen und Ösen zur Befestigung von Stativ oder Zubehör. Außerdem konnten Gurte angebracht werden um die Tasche als Rucksack zu tragen. Fotoausrüstung in Umhängetasche 13 x 18 cm Sehr schöne, vermutlich kaum benutzte Ausrüstung im Format 9 x 12cm. Sogar Planfilme sind in den Kassetten eingelegt. Das Französische Objektiv hat eine Lichtstärke von 1:9. |
Fotorucksack mit kompletter Ausrüstung 13 x 18 cm Seltenes Sammlobjekt in hervorragendem Zustand. Diverse Lederschnallen müssen geöffnet werden um an den Inhalt zu kommen. Ungewöhnlich bei dieser Kamera ist das dunkel gebeizte Holz, geschützt von einer dicken Lackschicht. Statt der üblichen Messingbeschläge wurden hier verchromte Teile benutzt. Die Universalfassung ermöglicht die Benutzung verschiedener Objektive, wie hier ein zusätzliches Weitwinkelobjektiv. Der Vorsteckverschluss ermöglicht Daueröffnung und mit Drahtauslöser "B" und eine Momentzeit. |
Fotoausrüstung mit Wechselobjektiv 13 x 18 cm Schwarze Fototasche mit Laschen und Ösen, die mit Gurten als Rucksack getragen werden kann. Sehr schöner kompletter Zustand. Über 100 Jahre gut überstanden. |
Fototasche
mit edler Kamera Als letztes Komplettset hier eine wunderschön verarbeitete Kamera aus Walnussholz. Jeder Tischler wäre wohl begeistert von der feinen handwerklichen Arbeit. Format 13 x 18 cm. Hersteller Photofix Carl Böhme Berlin. |
Das kleine Format 9 x 12 cm Das kleine Format 9 x 12 cm wurde anfangs von Fotografen belächelt, fand aber in speziellen Anwendungen Verwendung. Später, als das Filmmaterial besser wurde, fand das Format auch mehr Akzeptanz. Meist waren es die einfachen, oft als Schülerkameras bezeichneten Kameras in diesem Format. Größenvergleich 9 x 12 cm zu 18 x 24 cm. Einfache Schülerkamera ohne weitere Eintellmöglichkeiten. Einfache Kleinformat Kamera 9 x 12 cm ohne erweiterte Einstellungen und mit angesetzter Kassette. Seltene "Schnappschuss" Kamera 9 x 12 cm mit eingebautem Verschluss. Mit dem Knopf unter dem Objektiv wird der Verschluss gespannt. Durch die seitliche Taste wird ausgelöst. Das Objektiv hat keine Blendenangaben. Zum Einstellen wird voll aufgeblendet, zur Aufnahme wird komplett angeblendet. Der Verschluss läuft mit einer festen Zeit ab. Edle Kamera 9 x 12 cm aus Nussbaumholz. Hochwertig verarbeitet und mit allen Verstellungen wie die großen Kameras. Zuletzt eine ebenfalls gut verarbeitete kompakte 9 x 12 cm Kamera mit Objektiv auf Wechselplatte. Zur Aufnahme wird der Mattscheibenrahmen gegen die Kassette getauscht. Gut ist der Drehmechanismus des Balgens hinter der Objektivplatte zu sehen. Kamera von Otto Thiemann Görlitz mit seltenem Format Mahagoni - Kamera mit dem Aufnahmeformat 9 x 14,5 cm. Objektiv Carl Zeiss Tessar 1:4,5 18 cm im Compur - Verschluss. |
"Die Russen kommem" Vielleicht war in den Anfängen die Fotografie im Osten nicht stark vertreten, oder es wurde nicht überliefert, oder ich weiß es nicht besser. Ich kenne nur wenig Meldungen von Erfindungen oder markanten Entwicklungen aus östlichen Ländern. Auch frühzeitliche Kameras und Zubehör taucht aus der Region eher selten auf. Dagegen stark vertreten sind in Deutschland die Holzkameras im Format 13 x 18 cm aus Russland nach dem 2. Weltkrieg. Ideal um die Optischen Gesetze mit den Verstellungen zu testen. Zum Fotografieren fehlt leider ein Verschluss. Die über viele Jahre gebauten Kameras wurden nur leicht modiziziert und stammen vom Kamerawerk Carkiw. Durchaus gebrauchsfähige Kameras und Kassetten in Russischer Qualität. Zuletzt waren die Bedienteile schon aus Kunststoff. Gutes Objektiv I-51 vom Tessar-Typ 1:4,5 F=21 cm. |
Um die Seite nicht zu überladen, wurde ein zweiter und dritter Teil angelegt. Holzkameras - Reisekameras - Laufbodenkameras - Teil II Seltene und Internationale Kameras - Bauarten und Funktionen
Holzkameras - Reisekameras - Laufbodenkameras - Teil III Kleine, spezielle und moderne Kameras. Belichtung und Zubehör
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